„Die Gräben verschwinden, und statt ihrer werden ein breiter Graben und ein Boulevard die neuen Quartiere umgeben.“18 So beschreibt Vagedes die Transformation der barocken Stadtanlage in die klassizistische Idealform. Waren die alten Stadtgräben Trennung zwischen Stadt und Land, sind nun die doppelreihig mit Bäumen bepflanzten „Boulevards“ der Wälle Übergang von Stadt zu Landschaft. Doch das Ideal währt nicht lange. Bereits 1843 wird der Erweiterungsplan von Franz Anton Umpfenbach genehmigt, mit dem Krefeld schließlich bis an die heutigen Ringstraßen wachsen sollte.19 Umpfenbach nimmt Straßenzüge der Vagedes-Planung auf und führt sie in seiner Planung zu Sichtachsen in den neu angelegten Quartieren durch. Es folgen die Verlängerung des Ostwalls bis an den 1849 eröffneten Krefelder Bahnhof, sowie die Verlängerung der Stephanstraße bis an den gleichnamigen, neugotischen Kirchenneubau von 1854 und der Abschluss des Westwalls durch die, ebenfalls 1854 begonnene, Liebfrauenkirche. Die Entwicklung des neunzehnten Jahrhunderts umschließt das klassizistische Wallrechteck. Das Castrum wird zur Innenstadt.
Das Ideal der klassizistischen Stadtanlage währt nicht lange. Bereits 1843 wird der Erweiterungsplan von Franz Anton Umpfenbach genehmigt, mit dem Krefeld schließlich bis an die heutigen Ringstraßen wachsen sollte. 19 Umpfenbach nimmt Strassenzüge der Vagedes-Planung auf und führt sie in seiner Planung zu Sichtachsen in den neu angelegten Quartieren durch. Es folgen die Verlängerung des Ostwalls bis an den 1849 eröffneten Krefelder Bahnhof, sowie die Verlängerung der Stephanstraße bis an den gleichnamigen, neugotischen Kirchenneubau von 1854 und der Abschluss des Westwalls durch die, ebenfalls 1854 begonnene, Liebfrauenkirche. Die Entwicklung des neunzehnten Jahrhunderts umschließt das klassizistische Wallrechteck. Das Castrum wird zur Innenstadt.
Mit der Einführung des preußischen Fluchtliniengesetzes 1875 wandelt sich die Tradition der Krefelder Stadtbaukultur. Dort, wo Umpfenbach Stadtgestaltung suchte, einschließlich der von ihm entworfenen Straßenquerschitte, abwechslungsreichen Perspektiven und grünen Stadtplätzen, werden jetzt nur noch die Baufluchten angegeben und die Parzellen maximal bebaut. Maßstab und Dichte der Bebauung verändern sich damit. Postkarten aus der Zeit der Jahrhundertwende zeigen neue, prachtvolle Geschäftshäuser mit Natursteinfassaden, von denen sich einige bis heute erhalten haben. Das Konfektionshaus J. Dhein am Schwanenmarkt, das Sinn-Haus an der Neusser Straße sowie das Konfektionshaus J. Stern & Co. (heute Grüterich) mit dem gegenüberliegenden Kaiser- Haus (heute Deichmann) an der Kreuzung Rheinstraße zur Friedrichstraße, bringen großstädtisches Flair.
Die vielfach abgebildete Kreuzung Ostwall, Ecke Rheinstraße zeigt Eckgebäude der Gründerzeit, die im Maßstab genauso wenig zu den Proportionen der klassizistischen Bebauung passen, wie z. B. das wilhelminische Gebäude der Hauptpost am Ostwall. Hier wird die Ganzheit der Stadtanlage unterbrochen, die sich in der nördlichen Friedrichstadt erhalten hatte. 1941 folgt daher der Ruf nach ordnender Stadtreparatur: „Der Ostwall mit seinen alten Bäumen und gefälligen Grünanlagen, mit der ruhigen und geschlossenen Haltung seiner Bürgerhäuser bietet ein Stadtbild neuerer Zeit, das eine eigene und wertvolle Note hat. Wenn man nun weiter vordringt und an die belebte Kreuzung mit der Adolf-Hitler-Straße (vorher und nachher Rheinstraße, Anm. Der Autoren) gelangt, so ist der gute Eindruck mit einem Mal völlig verloren. Dort, wo der eigentliche verkehrliche Mittelpunkt der Stadt sich öffnet, überfällt uns ein Bild der größten Unruhe und Unordnung. Einzelne aufgetürmte Häuser erheben sich bis zu fünf und sechs Geschossen und dazwischen stehen die alten Krefelder Bürgerhäuser mit ihren drei Stockwerken verloren und eingedrückt, als die letzten Reste der eigentlichen Krefelder Haltung, die uns am Ostwall so charakteristisch berührt. […] Daraus entspringt die Verpflichtung, eine Entwicklung, die vielleicht ohne einen lenkenden Willen vor sich gegangen ist, heute durch die ihr entsprechende städtebauliche Gestalt zu krönen und damit auch den Brennpunkt des geschäftlichen Lebens und des Verkehrs unserer Stadt zu einem Wahrzeichen ihrer Eigenart auszubilden.“ 20 Im Rahmen der Lehrschau Die schöne Stadt, ihre Entschandelung und Gestaltung im Kaiser-Wilhelm-Museum werden dazu Pläne zum „Wiederaufbau“ der Bebauung der Rheinstraße zwischen Ostwall und Königstraße gezeigt, die die Prinzipien aus der Friedrichsstraße auf die Rheinstraße übertragen sollen, mit deutlich erkennbaren Einzelparzellen, gleicher Traufhöhe und erhöhter bzw. vorspringender Eckbebauung, zusammengefasst mit Kolonnaden.
Text: Claudia Schmidt und Jürgen Stoye (Erstveröffentlichung: Die Heimat, Jahrgang 86, 2015)