Doch ausgerechnet die für die Stadtbaukultur Krefelds so typische Neustadt mit der Friedrichstraße fällt dem Bombardement von 1943 zum Opfer. Wie bekannt, waren die angreifenden Flugzeuge durch schlechte Witterungsverhältnisse nördlich abgetrieben worden. Daher waren im Norden der Innenstadt die schwersten Zerstörungen zu verzeichnen, während die Südstadt weitgehend verschont blieb. Insgesamt wurde die Krefelder Innenstadt zu 60% zerstört. Die besondere Ausstrahlung der Stadtanlage, allen Verwüstungen zum Trotz, beschreibt Ernst Köppen in seinem Artikel Du, meine Stadt: „Malerisch sind sie wirklich nicht, die Krefelder Straßen, aber breit, sauber und grün. So mancher Ort rühmt sich seiner alten Winkel und Gässchen. Aber ich meine, eine Stadt sei zuerst zum Wohnen da und nachher zum Anschauen. Deshalb sollte sich Krefeld sei- ner niedrigen Häuser, die meist ein oder zwei Stockwerke weniger zählen als die Häuser anderer Großstädte, nicht schämen. Im Gegenteil, seinen Widerwillen gegen Mietskasernen lass es sich getrost zur Ehre anrechnen. Zwar zerbiss der Krieg den schönsten Teil der friderizianischen und klassizistischen Architektur. Dem unvergleichlichen Stadtbild Vagedes’ konnte er nichts anhaben.“21 Das war 1954. Zu dieser Zeit hatten auch in Krefeld die Eingriffe des modernen Städtebaus nach den eingangs genannten Prinzipien bereits begonnen. 

Ausgerechnet die für die Stadtbaukultur Krefelds so typische Neustadt mit der Friedrichstraße fällt dem Bombardement von 1943 zum Opfer. Wie bekannt, waren die angreifenden Flugzeuge durch schlechte Witterungsverhältnisse nördlich abgetrieben worden. Daher waren im Norden der Innenstadt die schwersten Zerstörungen zu verzeichnen, während die Südstadt weitgehend verschont blieb. Insgesamt wurde die Krefelder Innenstadt zu 60 % zerstört. Die besondere Ausstrahlung der Stadtanlage, allen Verwüstungen zum Trotz, beschreibt Ernst Köppen in seinem Artikel Du, meine Stadt: „Malerisch sind sie wirklich nicht, die Krefelder Straßen, aber breit, sauber und grün. So mancher Ort rühmt sich seiner alten Winkel und Gässchen. Aber ich meine, eine Stadt sei zuerst zum Wohnen da und nachher zum Anschauen. Deshalb sollte sich Krefeld seiner niedrigen Häuser, die meist ein oder zwei Stockwerke weniger zählen als die Häuser anderer Großstädte, nicht schämen. Im Gegenteil, seinen Widerwillen gegen Mietskasernen lass es sich getrost zur Ehre anrechnen. Zwar zerbiss der Krieg den schönsten Teil der friderizianischen und klassizistischen Architektur. Dem unvergleichlichen Stadtbild Vagedes’ konnte er nichts anhaben.“21 Das war 1954. Inzwischen folgte man auch in Krefeld dem Leitbild der gegliederten, aufgelockerten und autogerechten Stadt der Moderne. Hatte der Krieg die Gebäude verwüstet, so wurden in der Wiederaufbauphase oftmals auch die historischen Stadtstrukturen aufgelöst.

Färber-, Fabrik-, Wollstraße – die Namen erinnern noch immer an das Quartier, wo im achtzehnten Jahrhundert die Seidenproduktion der von der Leyen angesiedelt war. Unter den Vorzeichen des modernen Städtebaus wird die verloren gegangene, strenge Schönheit der klassizistischen Friedrichstadt mit ihrer typischen Mischung von Wohnen und Fabrikation neu interpretiert. Noch auf Fotos aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts sind in diesem Gebiet, neben der dichten Bebauung aus der Gründerzeit, die Schornsteine der Webereien und Kleinbetriebe zu sehen. Der Wiederaufbau auf der Grundlage des Neuordnungsplans von 1953 macht aus dem betriebsamen Viertel ein von Grün aufgelockertes reines Wohnquartier.

Ursprünglich waren die in Nord- Südrichtung langgereckten, untiefen Baublöcke der barocken und klassizistischen Stadterweiterung an den Längsseiten zwei- oder dreigeschossig bebaut. An den weniger repräsentativen Querstrassen befanden sich hingegen oft nur Gartenmauern, wodurch Besonnung und Belüftung gewährt wurden. In der ursprünglichen Bebauung der Friedrichstadt sehen die Stadtplaner der Moderne anscheinend einen frühen Vorläufer ihrer aufgelockerten, großmaßstäbigen Zeilenbebauung. „Die Friedrichstadt nimmt zusehends das klare Ordnungsgefüge des alten Krefeld wieder auf“, heißt es.22 Das dazugehörende Foto zeigt neue, sechsgeschossige Wohngebäude mit Staffelgeschoss in aufgelockerter Bebauung an der Gartenstraße. Doch mit den neuen Garagen und Vorgärten verändern sich die Straßen von urbanem Lebensraum in suburbane Sackgassen.

Text: Claudia Schmidt und Jürgen Stoye (Erstveröffentlichung: Die Heimat, Jahrgang 86, 2015)

25. Januar 2019